Neben dem Urheberrecht und seinen Bestimmungen zu Nutzungen in der Wissenschaft und den allgemein und gegenüber allen geltenden Standardlizenzen können auch konkrete vertragliche Vereinbarungen mit den Rechteinhaber:innen die Nutzungsbefugnisse regeln. Angesichts der Mannigfaltigkeit denkbarer Regelungen können diese nicht untersucht werden, doch sei auf einige Aspekte hingewiesen.
Regelmäßig untersagen Videoportale wie YouTube in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Grundsatz das Herunterladen und Kopieren von gestreamten audiovisuellen Materialien, insbesondere auch mit Hilfe automatisierter Verfahren (Scraping, Robotern usw.). Damit solche in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenden Verbote überhaupt wirksam werden können, müssen dir Nutzer:innen sich mit ihnen einverstanden erklärt haben.1 In den Nutzungsbedingungen von YouTube heißt es, dass Nutzende die Inhalte nicht vervielfältigen, herunterladen, verbreiten, übersenden oder übertragen dürfen. Allerdings erklärt YouTube dieses Verbot nur insoweit, als solche Nutzungshandlungen nicht durch gesetzliche Bestimmungen zulässig sind. Das bedeutet: Auch YouTube-User:innen dürfen sich auf die in diesem Gutachten dargestellten gesetzlichen Nutzungserlaubnisse (Schranken) berufen und audiovisuelle Inhalte entsprechend nutzen.
YouTube lässt also ausdrücklich Raum für die Nutzungserlaubnisse wie die Privatkopie oder die Kopie zu wissenschaftlichen Zwecken. Nicht zulässig bei der Speicherung von Videos auf Plattformen wie YouTube ist allerdings das Umgehen von technisch wirksamen Kopierschutzmaßnahmen. Wenn auch die Kreativindustrie seit einigen Jahren gegen Download-Tools für YouTube vorgeht, ist bislang juristisch noch nicht geklärt, ob der Download von YouTube-Videos überhaupt eine verbotene Umgehung des Kopierschutzes darstellt, denn der Download von YouTube-Videos ist technisch verhältnismäßig einfach, weshalb mit guten Argumenten davon ausgegangen werden kann, dass darin keine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne von § 95a UrhG zu sehen ist.
Sollte eine Social-Media-Plattform ein pauschales Verbot der urheberrechtlich relevanten Nutzung der dort bereitgehaltenen Inhalte aussprechen, so ist in vielen Fällen zweifelhaft, ob derlei Verbote überhaupt wirksam sind. Denn solche häufig per Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgesprochenen Verbote stehen häufig mit der gesetzgeberischen Entscheidung in Konflikt, Nutzungen per Gesetz zu erlauben und damit gerade von keiner Erlaubnis der Rechteinhaber:innen abhängig zu machen.2 Jedenfalls die §§ 60a ff. UrhG, also die dargestellten Nutzungserlaubnisse für Unterricht und Lehre sowie für die wissenschaftliche Forschung, TDM, Bibliotheken und Archive können nach ausdrücklicher Bestimmung in § 60g Abs. 1 UrhG nicht vertraglich wirksam ausgeschlossen werden.
1 Etwas anderes gilt bei Scraping im TDM-Kontext, sofern ein Vorbehalt maschinenlesbar erklärt worden ist. Dann kommt es nicht mehr darauf an, ob Forschende oder sonstige Nutzer einen Vertrag mit der Plattform geschlossen haben, siehe Kapitel 2.6.
2 Zur Frage, inwieweit urheberrechtliche Schrankenbestimmungen überhaupt vertraglich ausgeschlossen werden können vgl. etwa Stieper, in: Schricker, Gerhard / Loewenheim, Ulrich (Hg.),: Urheberrecht, 6. Aufl., 2020, Vor §§ 44a UrhG Rn. 56 ff.