Ziel unseres Aufgabenbereichs Datenstandards, Datenqualität und Kuratierung ist die Etablierung und Weiterentwicklung anerkannter Standards zur Umsetzung der FAIR-Prinzipien sowie Verfahren zur Qualitätssicherung von Sammlungs- und Forschungsdaten im Bereich der materiellen und immateriellen Kulturgüter. Unsere Arbeitsschwerpunkte lagen im Jahr 2022 auf der Erarbeitung von Handreichungen und Tutorials und Aktivitäten im Bereich Normdaten.
Im Mai 2022 veranstalteten wir die virtuelle Forumsveranstaltung zum Thema „Kulturdaten und Datenqualität – offen über Probleme sprechen“. In sechs Vorträgen wurden Best Practices und Herausforderungen vorgestellt und diskutiert.
Besonders erfolgreich war das Engagement des Aufgabenbereichs für die Communities der Theater- und Tanzwissenschaft. In mehreren Veranstaltungen konnten unter Beteiligung vieler Akteur:innen die Vernetzung und der Austausch zu Datenstandards und -qualität befördert werden. Hier gründete sich unter anderem eine Interessensgruppe „Performing Arts“ im Rahmen der Reihe „Sammlung trifft Forschung“.
Weiterhin gestalteten wir die Vernetzung der Community und die Diskussion rund um unsere thematischen Schwerpunkte aktiv durch weitere Veranstaltungen. Dazu gehörten die jeweils sehr gut besuchten Forumsveranstaltungen „GLAM digital – Datenkompetenzen für Kulturerbe-Einrichtungen“ und „Datenpublikation und -archivierung #5: Persistent Identifiers“, das GND-Forum Bauwerke, die Herbsttagung der Fachgruppe Dokumentation des Deutschen Museumsbunds (DMB), der SAVE-Fachtag, der HeFDI-Forschungsdatentag, das jährliche Arbeitstreffen des AK Graphik vernetzt sowie die Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung. Auch auf internationaler Ebene präsentierten wir unseren Schwerpunkt Datenqualität, so bei den bibliothekarischen Konferenzen JCDL (Joint Conference on Digital Libraries) und dem International IAML Congress.
Ein Workshop zum Start des DFG-Projekts „Digitales Liszt-Werk und -Quellenverzeichnis“ brachte Akteur:innen aus digitalen Editionsprojekten und NFDI4Culture zusammen. Dort wurden Impulse hin zu mehr Nachhaltigkeit gesetzt, indem die Nutzung bereits bestehender Datenhubs empfohlen wurde.
Durch die Teilnahme an den Arbeitsgruppen der NFDI-Sektionen Common Infrastructures und (Meta-)Daten, Terminologien und Provenienz wurden inhaltliche Anliegen der Geisteswissenschaften, z. B. bei den Themen Datenmanagementpläne und Terminologiedienste artikuliert und umgesetzt.
Die individuelle Beratung von Kulturerbe-Einrichtungen, Forschenden und Forschungsgruppen mit ihren verschiedenen digital konzipierten Projekten durch den NFDI4Culture Helpdesk wurde unter der Leitung und Koordination durch den Aufgabenbereich stark intensiviert. Insbesondere beim Aufbau des Ukraine-Helpdesks und seiner Workflows war unser Aufgabenbereich maßgeblich involviert.
Ein wesentlicher Teil unseres Arbeitsprogramms umfasst die Bereitstellung von Informationen und Empfehlungen: von der individuellen Beratung von Projekten oder Forschenden im Rahmen des NFDI4Culture-Helpdesk bis hin zu Leitfäden, Handreichungen oder Video-Tutorials für bestimmte Anwendungsgebiete. Darüber hinaus hat unser Team einen signifikanten Teil der in der NFDI4Culture Knowledge Base verzeichneten Link-Empfehlungen zu offenen Bildungsressourcen (OER) zusammengestellt und kuratiert.
Die Erstellung einer aktualisierten Fassung der DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“ von 2016 wurde federführend von unserem Aufgabenbereich in die Wege geleitet und organisatorisch begleitet. Die Inhalte des Leitfadens waren lange Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) koordiniert worden. Im Zuge der im Jahr 2020 erfolgten Öffnung des Förderprogramms „Digitalisierung und Erschließung“ hatte die DFG die Weiterentwicklung dieser strukturbildenden Leitlinie in die Selbstorganisation der Communities übergeben. Die Aktualisierung der Praxisregeln wurde daher von den entsprechenden Communities selbst organisiert, gesteuert von den für Standardbildung und Datenqualität zuständigen Aufgabenbereichen der beiden Konsortien NFDI4Culture und Text+. Das Dokument dient als Übergangspapier bis eine grundständige Überarbeitung und Ausdifferenzierung der Praxisregeln durch die unterschiedlichen Communities vorgenommen werden kann.
Weiterhin haben wir eine umfassende Handreichung erarbeitet, die Forschende an Hochschulen, in Projekten und Kulturerbe-Sammlungen dabei unterstützen soll, die Qualität und Nachnutzbarkeit ihrer Daten im Sinne der FAIR-Prinzipien zu steigern. Sie bietet den Datenproduzierenden konkrete Hinweise für die Umsetzung aller FAIR-Grundsätze und verweist auch auf die Verantwortung, die Publikationsplattformen und Datensammlungen dabei übernehmen. Zusätzlich soll unser in Vorbereitung befindlicher, praxisbezogener „FAIR-Check“ Anwender:innen ermöglichen, die FAIRness ihrer Daten selbst zu bewerten.
Einen Leitfaden für die offene Zugänglichkeit von Forschungs- und Sammlungsdaten liefert die vom hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst geförderte und von unserem Aufgabenbereich begleitend entwickelte Open Access Policy der Kulturerbe-Einrichtungen in Hessen, die zusammen mit dem zugehörigen Leitfaden über die Landesgrenzen hinaus bereits eine starke Signalwirkung entfaltet.
Die zusammen mit dem BMBF-geförderten KONDA-Projekt erstellte Publikation LIDO-Handbuch für die Erfassung und Publikation von Metadaten zu kulturellen Objekten – Band 2: Malerei und Skulptur beschreibt, wie man auf Basis etablierter Standards Informationen über Kulturobjekte qualitätsvoll strukturiert und mit dem seit 2010 vom Comité international pour la documentation (CIDOC) bereitgestellten Austauschformat LIDO (Lightweight Information Describing Objects) für eine bestmögliche Nachnutzung im Sinne der FAIR-Prinzipien aufbereitet.
Reagierend auf den Informationsbedarf aus den Communities haben wir ein Videotutorial zum Thema „Was sind Normdaten?“ entwickelt, um die Einsatzmöglichkeiten und den Nutzen von Normdatensätzen einer breiten Fachöffentlichkeit niedrigschwellig zu erklären. Das Tutorial thematisiert Normdaten für verschiedene Entitäten und von verschiedenen Anbietern und erläutert ihr Potential für das Semantic Web.
Ein wichtiger Schritt zur Standardisierung von Forschungsdaten kann in unseren Disziplinen über die Einbindung von Normdaten erreicht werden. Daher fand ein großer Anteil der Aktivitäten zur Datenqualität in diesem Bereich statt.
In der AG Thesauri des Netzwerks Koloniale Kontexte, die an der Entwicklung von Dokumentationsrichtlinien und einem übergreifend nutzbaren Fachvokabular für ethnologische Sammlungen arbeitet, unterstützten wir die vorgesehene Überarbeitung der GND-Sachschlagworte im Bereich Ethnografika in der Planung und Umsetzung der redaktionellen Vokabulararbeit. Hier geht es um eine praxisorientierte Umsetzung der CARE-Prinzipien in der Dokumentation von Provenienzforschung und in der Neubewertung der Objekte im Licht aktueller Forschung. Eine Umfrage lieferte eine Übersicht zum Stand der digitalen Objekterfassung und zum Terminologie-Einsatz in den Einrichtungen.
Einen zentralen Schwerpunkt bildeten die Werknormdaten der Musik: In Kooperation mit der Gemeinsamen Normdatei (GND) und dem Internationalen Quellenlexikon der Musik ( Répertoire Internationale des Sources Musicales / RISM) wurde ein grundlegendes Konzept zur Verwendung von Werknormdaten der Musik in RISM erarbeitet, das in seinem ersten Teil bereits umgesetzt werden konnte und nun die unmittelbare Einbindung von GND-Werk-IDs im RISM-Katalogisierungstool Muscat erlaubt. Damit wurde ein wesentlicher Schritt zur Qualifizierung der RISM-Daten gemäß der FAIR-Kriterien geleistet. In den kommenden Monaten soll die Anbindung an die GND durch Editiermöglicheiten erweitert werden, die die Nutzung der GND für Wissenschaftler ohne institutionellen GND-Zugang deutlich komfortabler gestaltet. Im Zuge der Umgestaltung des Werknormdaten-Moduls in RISM übernahmen wir gemeinsam mit dem RISM Digital Center weitreichende Datenkuratierungsarbeiten in der GND und in Muscat.
Auf der Basis von umfassenden Datenanalysen wurden zusätzlich Datenbereinigungen und Normdaten-Anreicherungen in der Datenbank musikalischer Ereignisse musiconn.performance durchgeführt.
Aus der neu gebildeten Interessengruppe Performing Arts konstituierte sich die AG Performing Arts des Standardisierungsausschusses der DNB. Hier sollen GND-Normdatensätze für Werke der darstellenden Künste entwickelt und/oder verbessert werden. Darüber hinaus entstanden auch neue Arbeitspakete, etwa zur Modellierung von Ereignisdaten der Performing Arts, der Musik und Medienkunst.
Um dem vom Getty Research Institute herausgegebenen, international weit verbreiteten und mehrsprachigen Fachvokabular Art & Architecture Thesaurus (AAT) auch im deutschen Sprachraum zu einer breiteren Anwendung zu verhelfen, wird an einer Verbesserung der redaktionellen Workflows gearbeitet.
Die Anforderung, etablierte Vokabulare auf Basis des AAT überarbeiten und erweitern zu wollen, zeigt sich auch in weiteren Initiativgruppen, die gemeinsam ein kontrolliertes Fachvokabular für ihre Arbeitsbereiche (Fotorestaurierung, medizinhistorische Sammlungen, materielle Kultur) entwickeln. Diese Aktivitäten unterstützten wir mit Workshops und Beratungsleistungen.
In unserem Teilprojekt zur Vernetzung bauhistorischer Fachvokabulare mit internationalen Referenzvokabularen am Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung wurde eine Vokabular-Plattform ausgebaut, die kontrollierte Vokabulare verschiedener Partnereinrichtungen mit überregionalen Normvokabularen verknüpft.
Im Bereich MEI (Music Encoding Initiative) findet weiterhin eine rege Gremienarbeit in den MEI Interest Groups zu Metadata and Cataloging, Linked Data und Digital Pedagogy sowie eine Begleitung der MEI-Schemaentwicklung statt, sowohl um die aktuellen Entwicklungen inhaltlich zu unterstützen als auch die Bedarfe aus der Community an die Entwickler:innen heranzutragen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Weiterentwicklung des MEI-Schemas hinsichtlich der Erfassung von AV-Medien. Daneben findet die Weiterentwicklung des Metadateneditors MerMEId (Metadata Editor and Repository for MEI Data) statt, der sich für die Erfassung hochwertiger Metadaten in musikwissenschaftlichen Editionsprojekten zunehmend etabliert.
Die Weiterentwicklung des LIDO-Bereitstellungsformats für Kulturdaten wird in unserem Teilprojekt an der SUB Göttingen stark nach den Anforderungen der LIDO-Communities im Kulturerbe- und Forschungsbereich ausgerichtet. So wurde die neue LIDO-Version v1.1. auf mehreren Veranstaltungen vorgestellt. Eine im Zusammenhang mit den CARE-Prinzipien wegweisende Initiative, die von unserem Aufgabenbereich intensiv beraten wurde, ist hier die von der deutschen Bundesregierung initiierte 3 Wege-Strategie für die Erfassung und digitale Veröffentlichung von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, in deren Rahmen die differenzierte Abbildung etwa von Provenienzinformationen in einschlägigen Angeboten wie dem von der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) aufgebauten Portal Sammlungsgut in kolonialen Kontexten befördert wird.
In Kooperation mit der DDB wurde eine sehr erfolgreiche, zweiteilige LIDO-Einführung und -Schulung für mehr als 200 Teilnehmende durchgeführt. Mit der LIDO-AG der Fachgruppe Dokumentation des Deutschen Museumsbunds konzentrieren wir uns weiterhin auf den Ausbau der LIDO-Terminologie und auf Materialien zur Vermittlung des Schemas.
Die Themen Standards und Datenqualität in Zusammenhang mit den FAIR-Prinzipien bedürfen eines fachgerechten Zuschnitts auch für weitere Communities, etwa die Kulturanthropologie oder die Archäologie. Daher wird im nächsten Arbeitsabschnitt ein noch stärker praxisorientierter Dialog mit den verschiedenen Fachdisziplinen und den Sammlungen im Fokus stehen, insbesondere im intensiven Austausch mit den neu bewilligten beiden geisteswissenschaftlichen Konsortien NFDI4Objects und NFDI4Memory. Dies soll unter anderem durch zielgruppenorientierte Veranstaltungen sowie spezifische Leitfäden und Handreichungen realisiert werden.