Effiziente digitale Kollaboration- und transparente Kommunikationsprozesse stellen die Basis für ein interdisziplinäres, institutions- und bundeslandübergreifendes Forschungsdatenmanagement dar. Die Bereitstellung einer föderierten Kollaborations- und Kommunikationsplattform mit ansprechenden und einfach zu nutzenden Werkzeugen gehörte daher zu den wichtigsten Schritten in der Initialisierungsphase von NFDI4Culture. Mit der Culture Collaboration Cloud verfügt das Konsortium seit Januar 2021 über eine ausgereifte Open Source Plattform zur konsortiumsweiten Zusammenarbeit, die die persönliche Datensouveränität aller Mitwirkenden genauso berücksichtigt wie sie die Umsetzung der FAIR-Kriterien durch den konsequenten Einsatz systemneutraler, offener Formate unterstützt. Der enge Austausch mit dem NFDI Direktorat und der Task Force Tools inspirierte im Jahresverlauf auch den Einsatz spezifischer Komponenten der Cloud auf Ebene der NFDI.
Der Einsatz effizienter digitaler Kollaborationswerkzeuge hatte sich schon in der Planungs- und Antragsphase von NFDI4Culture sehr bewährt. Konsequent setzten wir von Beginn an auf eine inklusive, transparente und zielgruppengenaue Echtzeit-Kommunikation mittels Messenger-Dienst und verzichteten weitgehend auf asynchrone Abstimmungsprozesse per E-Mail. Ein zentraler Bedarf war in diesem Zusammenhang auch die gemeinsame cloudbasierte Ablage von Dokumenten und das einfache Teilen, kollaborative Schreiben und Kommentieren von Texten und Präsentationen. Für das Projektmanagement setzte NFDI4Culture schon in der Planungsphase auf schlanke Workflows und Prozesse entlang der Kanban-Methodik. Diese Bedarfe sollten mit Projektstart von der bis dahin eingesetzten, proprietären Lösung (Google Suite, Slack und Trello) auf eine gleichermaßen nutzer- und datenschutzfreundliche Open Source Lösung umgestellt werden. Schon vor Projektstart erfolgte eine gründliche Analyse der verschiedenen Akteur:innengruppen des Konsortiums und ihrer Bedarfe. Dies resultierte in eine Unterteilung von unmittelbaren, mittelfristigen und kontinuierlichen Bedarfen.
Im Laufe der Projektdurchführung ist ein mindestens dreistelliger Personenkreis (Mitarbeitende und Mitwirkende im Konsortium) zu erwarten, die mit unterschiedlichen Berechtigungen, wechselnden institutionellen Zugehörigkeiten und teilweise auch ohne institutionelle Anbindung Zugriff auf die Kollaborationswerkzeuge des Konsortiums benötigen. Somit gehörte die Einführung eines institutionsübergreifenden Identity und Access Managements zu den wichtigsten Voraussetzungen. Es stellt gleichzeitig die wichtigste technische Grundlage für eine zukünftige Föderation von Diensten (auch jenseits der Kollaborationsumgebung) des Konsortium dar.
Auf Basis dieser Bedarfsanalyse wurden in Abstimmung zwischen den Trägerinstitutionen zentrale Qualitätskriterien für die Komponenten der Kollaborationsumgebung festgelegt.
Kriterium | Beschreibung |
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Single Sign On / DFN-AAI Kompatibilität | Ein besonders wichtiges Kriterium ist die Bereitstellung eines konsortiumsweit gültigen Logins für alle Dienste mit einem NFDI4Culture Account. Die Umsetzung soll dabei kompatibel mit der DFN AAI sein um den Anschluss an eine künftige, NFDI-weite AAI Lösung zu ermöglichen. |
Usablity / Ease of Use | Alle Werkzeuge sollen in der Benutzung ansprechend, intuitiv und geräteunabhängig (auch mit mobilen Endgeräten) zu verwenden sein. |
DSGVO Konformität | Datensouveränität und Datensicherheit sollen bei der Auswahl der Werkzeuge besondere Berücksichtigung finden. |
NFDI Integrationsfähigkeit | Über die NFDI und das Direktorat bereitgestellte (zukünftige) Dienste sollten konsortiumsspezifischen Diensten vorgezogen (und gemeinsam weiterentwickelt) werden. |
Systemneutrale Formate | Alle Werkzeuge sollen offene Formate unterstützen (z. B. Markdown, JSON etc.) und entsprechende Export- und Migrationsmöglichkeiten bieten. |
Open Source | Alle Werkzeuge sollen auf der Basis quelloffener Software umgesetzt sein und somit konsortiumsspezifische Integrations- und Erweiterungsmöglichkeiten zulassen. |
Aktive Community | Jedes Werkzeug soll über eine aktive Community an Entwickler:innen und Nutzer:innen verfügen. |
Kommerzielle Supportmöglichkeiten | Zum effizienten Einsatz von Zeit- und Personalressourcen für den Betrieb der Cloud soll bei jedem Werkzeug auch die Möglichkeit eines kommerziellen Supports gegeben sein. |
Nachhaltigkeit | Alle Werkezuge sollen einen Technologie-Stack verwenden, dessen Betrieb der anbietende Konsortialpartner auch über die Laufzeit von NFDI4Culture hinaus garantieren kann. |
Eine umfangreiche Recherche, Prüfung und vergleichende Abwägung existierender Open Source Lösungen entlang der definierten Qualitätskriterien führte zur Identifikation von sechs leistungsstarken Komponenten, die alle genannten Bedarfe abdecken konnten:
Werkzeug | Beschreibung |
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simpleSAMLphp | Eine einschlägige Open Source Lösung zur Umsetzung eines gut skalierbaren Identiy Providers für ein konsortiumsweites Single Sign On zu allen angeschlossenen Diensten (Services). |
TYPO3 | Das Content Management System der Enterprise Klasse stellt die technische Basis des Culture Information Portals dar und bietet eine Selbstregistrierungs- und Verwaltungskomponente für NFDI4Culture Accounts. |
Nextcloud | Neben einer leistungsstarken Cloudlösung zum einfachen Ablegen und Teilen von Dateien bietet Nextcloud auch Groupware-Funktionalitäten wie z. B. geteilte Kalender für die Aufgabenbereiche des Konsortiums oder die Möglichkeit zur Erstellung von Umfragen oder Diagrammen. |
OnlyOffice | Mit OnlyOffice integriert NFDI4Culture eine bewährte Lösung zur kollaborativen Erstellung von Texten, Kalkulationen und Präsentationen. |
OpenProject | Für das gemeinsame Projektmanagement, die Dokumentation und das Monitoring der im Arbeitsprogramm definierten Maßnahmen und Tasks entlang von Key Performance Indikatoren sowie das konsortiumsweite Aufgaben- und Anfragemanagement mittels Tickets zeigte sich OpenProject als sehr vielseitige Lösung. |
Rocket.Chat | Mit dem vom NFDI Direktorat bereitgestellten Rocket.Chat steht NFDI4Culture ein ideales Werkzeug für die zielgruppengenaue Echtzeit-Kommunikation in den Task Areas und Teams zur Verfügung. |
Für das konsortiumsweite Identity und Access Management wurde eine schlanke und gut skalierbare Lösung auf der Basis von simpleSAMLphp und TYPO3 entlang des SAML Standards realisiert, die alle empfohlenen Attribute der DFN AAI umsetzt. Ziel ist die Gewährleistung einer künftigen Integrationsfähigkeit der Culture AAI in übergreifende NFDI Strukturen. Gleichzeitig ist eine Bereitstellung eines eigenen Identity Providers ein besonders wichtiges Kriterium für eine Integration von Nutzer:innen in der äußerst heterogenen Forschungslandschaft im Bereich materieller und immaterieller Kulturgüter, die große Institutionen mit direkter Anbindung an nationale und internationale AAI Föderationen genauso umfasst wie kleinere Institutionen und Organisationen ohne eine solche Anbindung bis hin zu einzelnen Forschenden, Kulturschaffenden und Künstler:innen mit individuellen Accounts.
Die Basiskomponenten der Culture Collaboration Cloud wurden in den ersten drei Projektmonaten von Oktober bis Dezember 2020 umgesetzt. Bereits Mitte November 2020 konnte die Testphase beginnen, gefolgt von einer Onboardingphase ab Dezember und der Produktivstellung der Plattform im Januar 2021.
Die Plattform wurde auch im Jour Fixe der Konsortialsprechenden am 4. Dezember 2020 vorgestellt, mit dem föderiert an die Cloud angeschlossenen Rocket.Chat des NFDI-Direktorates (für dessen Bereitstellung wir seitens des Konsortiums sehr dankbar sind) wurde ein erster Use Case für eine AAI-basierte Diensteföderation in der NFDI erprobt. Im Rahmen der Task Force Tools fand insbesondere die OpenProject-Komponente das Interesse weiterer NFDI Konsortien. Im Herbst 2021 wurde aus der Task Force heraus ein gemeinsamer Anschaffungsprozess durch die Konsortien der ersten Ausschreibungsrunde für eine NFDI-weite OpenProject-Instanz initiiert, die auch für Konsortien der zweiten und dritten Ausschreibungsrunde verfügbar sein wird.
Bezogen auf NFDI4Culture erzielte die Cloud von Beginn an eine hohe Akzeptanz. Mit über 180 Nutzer:innen bietet die Kollaborationsplattform auch über die Projektmitarbeitenden hinaus bereits jetzt eine Basis für die digitale Zusammenarbeit in den Fachcommunities von NFDI4Culture (so nutzt z. B. die AG Thesauri des Netzwerks koloniale Kontexte die Werkzeuge zur digitalen Kommunikation und Kollaboration).
Die Culture Collaboration Cloud soll im kommenden Jahr um weitere Komponenten (insbesondere ein Eventmanagement-System sowie eine Pipeline zur kollaborativen Erstellung der NFDI4Culture Guidelines) erweitert werden. Auch die Nutzer:innenbasis soll sich weiter vergrößern, wobei die technische Gesamtentwicklung in der NFDI (insbesondere im Bereich AAI und Basisdienste) kontinuierlich in den Blick genommen wird, um mögliche Redundanzen frühzeitig zu identifizieren und durch Diensteföderation aufzulösen.